4 StR 283/95 vom 31. August 1995 in der Strafsache
gegen
Michael H a r t m a n n aus München, dort geboren
am 16. Mai 1966,
wegen
Verdachts des gefährlichen Eingriffs in
den Straßenverkehr
Der vierte Senat des Bundesgerichtshofs hat in der
Sitzung vom 31. August 95, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Meyer-Goßner,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Steindorf
Maatz
Dr. Kuckein
Dr. Kuffer
als beisitzender Richter,
Bundesanwalt Piesker
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Arnold aus München
als Verteidiger,
Justizsekretär Gronebaum
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil
des Landgerichts München I vom 21. Oktober 1994 aufgehoben,
soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
2. der Angeklagte wird freigesprochen.
3. Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten
entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
4. Der Angeklagte ist für die vom 14. Januar
1993 bis zum 26. Januar 1993 erlittene Freiheitsentziehung zu
entschädigen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten unter freisprechung
im übrigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe
von zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte
mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und
die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt
aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zum Freispruch des angeklagten. Auf die Verfahrensbeschwerden
kommt es desdhalb nicht an.
1. Der Angeklagte betreibt seit 1988 Aktionen gegen
den Autoverkehr in München. Sein erklärtes Ziel ist
es, eine autofreie Stadt zu erreichen. Er begann damit, daß
er über Personenkraftwagen hinwegging, die auf Gehwegen geparkt
waren. Dies führte in einigen der mindestens 300 Fälle
zu seiner Verurteilung wegen Sachbeschädigung. "Da dem
Angeklagten von Polizei und Gericht immer wieder vorgehalten wurde,
er dürfe nicht über sondern nur um die Autos gehen,
kam er bei seinen Überlegungen zu dem Ergebnis, daß
dann die Autos um ihn herumfahren müßten. Da Autos
auf dem Bürgersteig nicht wegen Nötigung belangt würden,
könnten folgerichtig auch nicht Fußgänger, die
sich auf der Straße bewegten, zur Rechenschaft gezogen werden.
Der Angeklagte entschloß sich deshalb dazu, ab Mai 1992
bis etwa Oktober 1993 als Fußgänger gelegentlich auf
Straßen im Stadtbereich von München zu gehen, wobei
er insgesamt nach eigener Schätzung ca. 450 kilometer zurücklegte.
Es ging ihm darum, daß die Autofahrer langsamer und defensiver
fahren und mehr Rücksicht auf Fußgänger nehmen
sollten".
In Verfolgung dieser Absicht ging der Angeklagte
am Samstag, den 2. Januar 1993, gegen 12.30 Uhr vom Sioegestor
kommend auf der Mitte des linken von zwei stadtauswärts führenden
Fahrstreifen der Leopoldstraße in München. in Absprache
mit ihm ging der "gleichgesinnte" Thorsten Dittmann
mit einem kleinen Handkarren ca. 50 m hinter ihm seitlich versetzt
auf dem rechten Fahrstreifen. Beide wollten ca 1 km bis zur "Münchner
Freiheit" auf der Fahrbahn zu Fuß gehen und dieselbe
Strecke in der Gegenrichtung zurücklegen; der Angeklagte
wollte "auf diese Weise den Fahrzeugverkehr behindern und
die Autofahrer zwingen, anzuhalten oder zumindest auf Schrittgeschwindigkeit
abzubremsen, um so aus Umweltschutzgründen gegen den zunehmenden
Verkehr zu protestieren und auf seine Ziele einer 'autofreien
Stadt' aufmerksam zu machen". Martin Schritter, der mit seinem
PKW stadtauswärts fuhr, wechselte, als er vor sich Dittmann
wahrnahm, vom rechten auf den linken Fahrstreifen. Den vor ihm
gehenden Angeklagten nahm er wegen eines vorausfahrenden PKW erst
aus einer Entfernung von ca. 20 m wahr. Der Angeklagte schaute
sich nicht um und machte auch keine Anstalten, zur Seite zu gehen
obwohl Schritter ihn anhupte. Da für Schritter in diesem
Augenblick ein Ausweichen weder nach links noch nach rechts möglich
war, führte er eine Vollbremsung durch, um einen Zusammenstoß
zu vermeiden. ca. einen halben Meter hinter dem angeklagten kam
er zum Stehen.
In dem weiteren Fall ging der Angeklagte am Morgen
des 14. januar 1993 gegen 7.30 Uhr auf der zweispurigen Untermenzinger
Straße in München in südwestlicher Richtung zur
Berufsgrundschule. Diesen Schulweg von 700 bis 800 Metern legte
der Angeklagte seit Oktober 1992 regelmäßig zu Fuß
auf der Straße zurück. Er ging an diesem tage auf der
rechten Fahrbahn unmittelbar neben der Mittellinie. Es herrschte
noch dunkelheit, die Fahrbahn war naß und es regnete leicht.
Der Angeklagte trug einen Rucksack, auf dem sich zwei Reflektoren
(sog. Katzenaugen) befanden. Er hatte bereits ca 400 Meter Zurückgelegt
und wart dabei von meheren Fahrzeugen überholt worden, als
er von dem sich ihm von hinten nähern- den PKW des Manfred
Schiegl erfaßt wurde. Dieser hatte ihn zu spät erkannt.
Weil ihm ein Ausweichen wegen der Verkehrslage nicht möglich
war, hatte er eine Vollbremsung eingeleitet, aber sein Fahrzeug
nicht mehr rechtzeitig anzuhalten vermocht. Bei vorsichtiger fahrweise
hätte er den Angeklagten möglicherweise ohne längere
Wartezeit überholen können. auf den PKW fuhr ein weitere
PKW auf. An beiden Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden.
Verletzt wurde nur der Angeklagte.
2. Die Strafkammer ist der Auffassung, der Angeklagte
habe damit die Voraussetzungen des gefährlichen Eingriffs
in den Straßenverkehr - hier in der Tatbestandsalternative
des Bereitens eines Hindernisses nach § 315 b Abs. 1 Nr.
2 StGB - erfüllt. Sie meint, der Angeklagte habe es durch
Benutzung der Fahrbahn als Gehweg bewußt darauf angelegt,
die Autofahrer zu behindern; er habe damit "mehr getan, als
sich (nur) verkehrswidrig verhalten"; es sei ihm primär
darum (gegangen), ein Hindernis zu bereiten; insoweit habe er
mit direktem Vorsatz gehandelt. In Bezug auf die Gefährdung
der bei den Vorfällen beteiligten Personenkraftwagen und
deren Insassen nimmt die Strafkammer einen bedingten Vorsatz des
Angeklagten an.
3. Diese Begründung des Landgerichts trägt
die Anwendung des § 315 b StGB nicht; ihr liegt ein unzutreffender
rechtlicher Maßstab zugrunde.
a) Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt
der Strafkammer: Die Anwendbarkeit des § 315 b StGB scheidet
nicht schon deshalb aus, weil der Angeklagte in beiden Fällen
- wenn auch unter bewußtem Verstoß gegen das Gebot
des § 25 Abs. 1 StVO. die Gehwege zu benutzen - als Fußgänger
am Verkehr teilgenommen hat. Auch der Verkehrsteilnehmer selbst
kan tauglicherTäter eines gefährlichen Eingriffs in
den Straßenverkehr sein.
aa) Allerdings wird bloß vorschriftswidriges
Verkehrsverhalten grundsätzlich nicht von § 315 b StGB,
sondern - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - nur von
§ 315 c StGB erfaßt (vgl. Dreher/Tröndle StGB
47. Aufl. § 315 b Rdn. 5). Doch können nach gefestigter
Rechtssprechung auch Vorgänge im ruhenden und fließenden
Verkehr dann ein Hindernisbereiten im Sinne von § 315 b Abs.
1 Nr. 2 StGB sein, wenn der Täter von vornherein vom Vgerhalten
eines "normalen" Verkehrsteilnehmers dadurch abweicht,
daß er durch die Zuwiderhandlung gegen die Verkehrsvorschriften
die Schaffung eines Hindernisses beabsichtigt, wenn also die Behinderung
nicht die bloße Folge, sondern der Zweck des verbotswidrigen
Verhaltens ist (BGHSt 21, 301, 302; BGH VRS 64, 267/268). Ebenso
erfüllt ein Fahrzeugführer im fließenden Verkehr
in besonderen Fällen das Merkmal der Vornahme eines "ähnlichen,
ebenso gefährlichen Eingriffs" im Sinne von § 315
b Abs. 1 Nr. 3 StGB, wenn er das von ihm gesteuerte Kraftfahrzeug
in verkehrsfeindlicher Einstellung bewußt zweckwidrig einsetzt
(BGHSt 28, 87, 88). Beiden Fällen der Anwendung des §
315 b StGB auf Verkehrsvorgänge ist gemeinsam, daß
der Täter in der Absicht handelt, diese zu einem Eingriff
zu "pervertieren"; es muß ihm darauf ankommen,
durch diese in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen
(BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Vorsatz 1).
Hiernach hat die Rechtsprechung ein Hindernisbereiten
etwa darin gesehen, daß der Kraftfahrzeugführer mit
seinem Fahrzeug, ohne durch die Verkehrslage dazu veranlaßt
zu sein, einem anderen absichtlich den Weg abschneidet, oder ein
Polizeifahrzeug, dessen Besatzung ihn wegen eines Verkehrsverstoßes
stellen will, um dies zu verhindern, absichtlich am Überholen
hindert (BGHSt 21, 301, 303; 22, 67, 75).
Ebenso hat der Senat ausgesprochen, daß derjenige
sich nach § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar macht, der um
einen Auffahrunfall zu verursachen (BGH VRS 53, 355) oder in gleicher
Absicht unter dem Schein verkehrsgerechten Verhaltens bei Gelblicht
(3 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO) scharf abbremst 8BGHR StGB § 315
b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1). Einen "ähnlichen,
ebenso gefährlichen Eingriff" hat die Rechtssprechung
beispielsweise in Fällen bejaht, in denen ein Fahrzeug im
Straßenverkehr als Fluchtmittel benutzt wird, wenn der Kraftfahrer
dabei die Möglichkeit der erheblichen Gefährdung oder
Verletzung anderer Verkehrsteilnehmer erkennt, ihm aber seine
Flucht nur um diesen Preis möglich erscheint (BGHSt
22, 67, 75; 28, 87, 91; BGH NStZ 1985, 267); ebenso, wenn der
Täter sein Fahrzeug als "Waffe" oder "Schadenswerkzeug"
mißbraucht, indem er auf einen anderen Verkehrsbeteiligten
zufährt, um ihn zu verletzen (BGHR StGB § 315 b Abs
1 Nr. 3 Eingriff, erheblicher 3) oder absichtlich fremde Fahrzeuge
rammt (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Gefährdung 2).
bb) Diese Rechtssprechung betrifft allerdings Fälle,
in denen der Täter als Führer eines Kraftfahrzeuges
am fließenden Verkehr teilnimmt; sie ist darauf jedoch nicht
beschränkt. Es ist kein durchgreifender Grund ersichtlich,
die hierzu entwickelten Grundsätze nicht auf den hier zu
erörternden, in der Rechtssprechung - soweit ersichtlich
- bisher nicht behandelten Fall der Teilnahme des Täters
am Straßenverkehr als Fußgänger zu übertragen.
Der Angeklagte blieb, auch wenn er verbotswiedrig
auf der Fahrbahn ging, gleichwohl Verkehrsteilnehmer. Dies schloß
indes nicht aus, daß er in dieser Eigenschaft selbst ein
Hindernis im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB bereitete.
Hierunter ist grundsätzlich jede Einwirkung im Verkehrsraum
zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf
zu verzögern (vgl. BGHSt 6, 219, 224; 13, 66, 69, jeweils
für den Schienenverkehr; Cramer in Schönke/Schröder
StGB 24. Aufl. § 315 b Rdn. 6; Rüth in LK/StGB 10. Aufl.
§ 315 bRdn. 18) . Es versteht sich von selbst, daß
in diesem Sinne auch ein Fußgänger, der wie der Angeklagte
auf der grundsätzlich dem Fahrzeugverkehr vorbehaltenen Fahrbahn
geht, den normalen Verkehrsbetrieb zumindest beeinträchtigt
und jedenfalls dann ein Hindernis bildet, wenn er durch sein Verhalten
die auf der Straße fahrenden Fahrzeuge zum Verlangsamen
oder gar zum Anhalten veranlaßt, wiel es bei der gegebenen
Verkehrslage ein ungehindertes Vorbeifahren ausschließt
(vgl. BGH VRS 55, 126, 127) .
Daß diese von dem Angeklagten ausgehende Zwangswirkung
auf die an den Vorfällen unmittelbar beteiligten PKW-Fahrer
nur psychischer Natur war (dazu unten 4. zu § 240 StGB) ,
beseitigt die Annahme eines Hindernisses nicht; denn diese ist
nicht auf Vorgänge beschränkt, die zu einer Verhinderung
des fließenden Verkehrs führen.
Der Anwendung von § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB
durch die Strafkammer stand auch nicht entgegen, daß der
Angeklagte zu der Behinderung des Fahrzeugverkehrs nur sich selbst
bzw. seinen körper, nicht aber weitere Gegenstände einsetzte.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Revision, der Täter
könne sich begrifflich nicht selbst zum Hindernis machen.
Mag es auch für das regelmäßige Tatbild zutreffen,
daß derjenige, der ein Hindernis bereitet, sich dabei irgendeines
Objekts bedient, indem er etwa Gegenstände auf die Fahrbahn
wirft oder sein Fahrzeug einsetzt, so wird ein solches enges Verständnis
weder dem Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "Hindernisbereiten"
gefordert, noch dem Schutzzweck der Norm gerecht. Der Rechtsprechung
kann gegenteiliges nicht entnommen werden. Daß danach die
bewußte Zweckentfremdung eines Fahrzeugs als Mittel der
Verkehrsbehinderung als tatbestandsmäßig angesehen
wird (vgl. Cramer in Schönke/Schröder aaO Rdn. 8 m.
zahlr. Rechtspr.-Nachw. ) , ist nicht in dem Sinne zu verstehen,
daß die Vorschrift nur unter diesen weiteren Umständen
anwendbar sein soll. Vielmehr hat der Senat wiederholt ausgesprochen,
daß es zur Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich
ist, daß die Gefährdung durch bewußt zweckwiedrigen
Einsatz des Fahrzeugs selbst hervorgerufen wird, sondern etwa
die Einwirkung des Mitfahrers auf den Fahrer oder umgekehrt des
Fahrers auf den Mitfahrer genügen kann (Urteil vom 27. April
1995 - 4 StR 772/94 m.w.N. ) .
cc) Schlißlich erwist sich die Anwndung des
§ 315 b StGB auch nicht schon deshalb als rechtsfehlerhaft,
weil das Gehen auf der Fahrbahn - wie die Revision einwendet -
"dem gezielten Streben nach Ortsvberänderung diente"
und ebenso wie das "bloße Spazierengehen einen typischen
, in keiner Weise entfremdeten Verkehrsvorgang dar (stellt)"
. Darauf kommt es nicht entscheidend an, wenn - wie die Strafkammer
rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte gerade die
Schaffung eines Hindernisses beabsichtigte. Dies erhellt ohne
weiteres aus der Rechtssprechung etwa zu den sogenannten Polizeifluchtfällen
(vgl. BGHSt 22, 67; BGH VRS 50, 94; dazu auch Senatsbeschluß
vom 12. Januar 1995 - 4 StR 742/94, NZV 1995, 196). Auch dort
nutzt der Täter das Fahrzeug einerseits bestimmungsgemäß
als Fortbewegungsmittel, um sich damit zu entfernen. Dies hindert
indes, wenn er dabei auf den Polizeibeamten in der Absicht zufährt,
ihn zum Beiseitespringen und zur Freigabe seines Fahrweges zu
zwingen (BGHSt 22, 6, 7; 28, 87, 88 m.w.N.), die Anwendung des
§ 315 b StGB - wie bereits dargetan - gerade nicht. Ausschlaggebender
Grund, auch verkehrswidriges verhalten eines Verkehrsteilnehmers
ausnahmsweise der Strafdrohung des 3 315 b StGB zu unterwerfen,
ist die innere Einstellung des Täters, insbesondere der von
ihm verfolgte Zweck (vgl. Cramer in Schönke/Schröder
aaO Rdn. 9 a.E.). Das Gesetz selbst bietet für die Auslegung,
ein Verhalten nur deshalb aus dem Anwendungsbereich des §
315 b StGB herauszunehmen, weil es zugleich objektiv auch als
bloß verkehrswidrige Teilnahme am Straßenverkehr erscheint,
keinen genügenden Anhalt (Rüth in LK aaO Rdn. 13). Daß
danach letztlich insoweit die subjektive Tatseite beim Täter
bei äußerlich gleichem Verhalten über die Qualifizierung
der Tat als Straftat entscheiden kann, ist dem Strafrecht auch
sonst im Zusammenhang mit sowohl strafbegründenden (Beispiel:
Abgrenzung von Diebstahl und strafloser Gebrauchsentwendung) als
auch qualifizierenden (Beispiel: Abgrenzung von gefährlicher
Körperverletzung und - bedingt vorsätzlichem - versuchten
Mord/Totschlag) Umständen nicht fremd.
b) Schied danach die Anwendung des § 315 b StGB
nicht von vornherein aus, so hat das Landgericht gleichwohl eine
Strafbarkeit des Angeklagten in den abgeurteilten Fällen
zu Unrecht bejaht. Daß der Angeklagte es bewußt darauf
anlegte, durch das Gehen auf der Fahrbahn die Autofahrer zu behindern
und es zu konkreten Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer
gekommen ist, genügt unter den gegebenen Umständen für
die Anwendung des § 315 b StGB nicht. Die Strafkammer hat
nicht bedacht, daß nach gefestigter Rechtssprechung nicht
jede Behinderung - ebenso wie auch nicht jeder ähnliche Eingriff
- tatbestandsmäßig im Sinne von Absatz 1 Nr. 2 oder
3 dieser Vorschrift ist.
aa) Insbesondere in Fällen, in denen ein Verhalten
das sich nach außen als Verkehrsteilnahme darstellt, als
Hindernisbereiten oder als "ähnlicher, ebenso gefährlicher
Eingriff" zu bewerten ist, setzt der Tatbestand eine grobe
Einwirkung von einigem Gewicht voraus (BGHSt 22, 365, 366/367;
26, 176, 178; 28, 87, 89). Nicht jede objektiv behindernde Verkehrsteilnahme,
selbst wenn sie gänzlich aus dem Rahmen dessen fällt,
was im Verkehr vorzukommen pflegt (vgl BGHSt 28, 87, 88; BGH VRS
55, 126, 127), genügt zur Tatbestandserfüllung; ebenso
reicht eine nur unwesentliche Behinderung nicht aus. Der Senat
hat deshalb ein Hindernisbereiten im Sinne des § 315 b Abs.
1 Nr. 2 StGB für den Fall verneint, daß es dem Fußgänger,
dem der Täter mit seinem PKW auf dem Bürgersteig den
Weg abschneidet, ohne weiteres möglich ist, an dem PKW vorbeizugehen
(BGH VRS 64, 267, 268); er hat einen gefährlichen Eingriff
im Sinne der Nr. 3 der Vorschrift auch nicht angenommen, wenn
der Kraftfahrer beabsichtigt, an einem Halt gebietenden Polizeibeamten,
ohne diesen zu gefährden, vorbeizufahren (BGHSt 28, 87, 89
m.w.N.). Einen Verstoß geringeren Gewichts hat der Senat
vor allem auch dann bejaht, wenn der Täter so langsam auf
einen Fußgänger zufährt, daß dieser ohne
Schwierigkeiten ausweichen kann, dies selbst bei einer Geschwindigkeit
von 20 km/h und einer Entfernung von dem Fußgänger
von nur 15 Metern (vgl. BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff,
erheblicher 1 und 2 m.w.N.).
Dies zugrunde gelegt, könnte der Anwendung des
§ 315 b StGB hier schon die fehlende Erheblichkeit der Einwirkung
des Angeklagten auf den Verkehrsablauf entgegenstehen. In beiden
Fällen hat die Strafkammer ausdrücklich nicht festzustellen
vermocht, "daß die beteiligten Fahrzeuglenker oder
andere Autofahrer längere Zeit hinter dem Angeklagten herfahren
mußten". Bei dem Vorfall vom 14. Januar 1993 konnte
das Landgericht auch nicht ausschließen, daß der Unfallbeteiligte
Schiegl sich selbst verkehrswidrig verhalten hat und "bei
vorsichtigerer Fahrweise den Angeklagten auf der Gegenfahrbahn
ohne längere Wartezeit hätte überholen können,
so wie es vor ihm bereits mehere Fahrzeuge gemacht hatten".
Diese Umstände, die die Strafkammer - im Ergebnis zu Recht
(s. dazu unten 4.) - veranlaßt haben, eine Strafbarkeit
des Angeklagten wegen nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB
zu verneinen, weil eine nur kurzfristige Verzögerung des
Verkehrsflusses "sich wegen zu geringer Dauer und Intensität
als Belästigung bzw. Behinderung darstellt", stehen
in gleicher Weise aber auch der Annahme einer groben Einwirkung
von einigem Gewicht durch den Angeklagten, wie sie § 315
b StGB voraussetzt, entgegen.
bb) Daß in beiden Fällen fremde Verkehrsteilnehmer
und ihre fahrzeuge konkret gefährdet wurden bzw. im zweiten
Fall PKWs beschädigt worden sind, führt zu keinem anderen
Ergebnis. Ob ein Behinderung oder ein sonstiger gefährlicher
Eingriff "von Gewicht" ist und deshalb von § 315
b StGB erfaßt wird, bestimmt sich grundsätzlich - wie
dies auch der Tatbestandsaufbau der Vorschrift (Wer ... dadurch
beeinträchtigt, daß er ..., und dadurch ...")
deutlich macht, unabhängig von der Tatfolge. Freilich kann
eine tatsächlich eingetretene Gefahrenlage ein Indiz für
die Erheblichkeit der Einwirkung sein, was namentlich in Betracht
kommt, wenn dem Verhalten in spezifischer Weise das Risiko anhaftet,
zu einer konkreten Gefährdung im Sinne der Strafvorschrift
zu führen. Daß dem Verhalten des Angeklagten ein solches
spezifisches Risiko anhaftete, wird durch die Feststellungen nicht
belegt. Dagegen spricht schon der Umstand, daß der Angeklagte
das "Straßengehen" in gleicher Weise - wie die
Strafkammer angenommen hat - anderthalb Jahre lang praktiziert
und dabei etwa 450 Kilometer zurückgelegt hat, ersichtlich
ohne daß es sonst zu dadurch verursachten konkreten Gefahren
gekommen ist. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß
in den hier erörterten Fällen - wie dies die Strafkammer
zum Vorfall vom 14. Januar 1993, bei dem zudem schlechte Sichtverhältnisse
bestanden, ausdrücklich festgestellt hat - andere Fahrzeuge
zuvor gefahrlos an dem Angeklagten vorbeigefahren waren. Das "Gewicht"
der von dem Angeklagten ausgehenden Einwirkung erhöhte sich
aber bei gleichbleibendem Verhalten nicht dadurch, daß die
beteiligten Kraftfahrer ihn zu spät erkannten und deshalb
eine Vollbremsung vornehmen mußten. Anders wäre die
Sachlage zu beurteilen, wenn der Angeklagte die jeweilige Situation,
in der die nachfolgenden Fahrzeuge im entscheidenden Augenblick
nicht ausweichen konnten, bewußt ausgenutzt hätte,
um sie zur Vollbremsung zu zwingen. Daß es sich so verhält,
kann dem Urteil jedoch nicht entnommen werden.
cc) Selbst wenn aber eine tatbestandsmäßige
erhebliche Behinderung deshalb zu bejahen wäre, weil den
PKW Fahrern Schritter und Schiegl in der jeweiligen konkreten
Situation verkehrsbedingt ein Ausweichen unmöglich war, fehlte
es bei dem Angeklagten jedenfalls am subjektiven Tatbestand. Schon
um der Gefahr uferloser Anwendung des § 315 b StGB auf "normale"
Verkehrsverstöße vorzubeugen, ist die Anwendung dieser
Strafvorschrift auf Verkehrsvorgänge nämlich davon abhängig,
daß der Täter in der Ablicht handelt, den Verkehrsvorgang
zu einem Eingriff zu "pervertieren"; dabei muß
es ihm darauf ankommen, durch diesen in die Sicherheit des Straßenverkehrs
einzugreifen (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Vorsatz 1) .
In diesen Fällen genügt deshalb bloß fahrlässige
Begehung (§315 b Abs. 5 StGB) , aber auch nur fahrlässige
Herbeiführung der konkreten Gefahr (§ 315 b Abs. 4 StGB)
nicht (vgl. BGH NJW 1969, 1444, 1445) . Vielmehr muß auch
die Herbeiführung der konkreten Gefahr für Leib oder
Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert vom
Vorsatz umfaßt sein (vgl. BGHSt 28, 87, 89; OLG Köln
NZV 1991, 319,320; 1992, 80, 81) . Das ist für die Fälle
des "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs"
(§ 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB) anerkannt (Nachweis bei Jagusch/Hentschel
Straßenverkehrsrecht 33. Aufl. § 315 b StGB Rdn. 17)
. Für die Fälle des Hindernisbereitens nach Nr. 2 der
Vorschrift kann bei Verkehrsvorgängen nichts anderes gelten.
Für eine Absicht des Angeklagten, die Sicherheit
des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen, geben die Urteilsfeststellungen
jedoch keinen Anhalt. Die Überlegungen des Angeklagten zielten
letztlich nur darauf ab, die Autos zu veranlassen, "um ihn
herumzufahren" (UA 10, 17) . Darin allein kann eine Absicht
in dem genannten Sinne noch nicht gesehen werden. Hinzu kommt,
daß die Schutzlosigkeit, mit der der Angeklagte als Fußgänger
dem Kraftfahrzeug ausgesetzt war, und das - sollte es doch zu
einer Gefahrenlage kommen - daraus für ihn in den folgen
unabschätzbare Risiko der Selbstgefährdung die Annahme
eher als fernliegend erscheinen läßt, er könne
über die Behinderung der Kraftfahrer hinaus auch die Verkehrssicherheit
zu beeinträchtigen beabsichtigt haben. Unter diesen Umständen
fehlt es bei diesem Angeklagten, dessen Persönlichkeit als
die eines "unreifen Sonderlings" beschrieben wird, entgegen
der Würdigung der strafkammer aber auch für die Annahme,
er habe die konkreten Gefährdungen der beteiligten Kraftfahrer
und ihrer Fahrzeuge zumindest bedingt vorsätzlich herbeigeführt,
an einer tragfähigen Grundlage (vgl. OLG Köln NZV 1992,
80, 81) .
4. Der Angeklagte hat sich auch nicht nach anderen
Vorschriften strafbar gemacht; insbesondere kommt - wie die Strafkammer
im Ergebnis zu Recht angenommen hat - eine Verurteilung des Angeklagten
wegen Nötigung (" 240 StGB) nicht in Betracht. Die Ausführungen
im Urteil lassen erkennen, daß die Strafkammer die Gewaltalternative
hier im Grundsatz bejaht hat, zur Straflosigkeit jedoch aufgrund
einer tatbestandlichen Reduktion nach dem Geringfügigkeitsprinzip
(vgl. dazu Dreher/Tröndle aa= § 240 Rdn. mit zahlreichen
Nachweisen aus der Rechtssprechung) gelangt ist und dabei auf
die kurze Dauer der Behinderung der anderen Verkehrsteilnehmer
abgestellt hat. Das weist jedenfalls im Ergebnis keinen Rechtsfehler
auf, wenn auch die Annahme, das Verhalten des Angeklagten sei
als tatbestandliche Gewalt im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB
zu bewerten, mit Blick auf Beschluß des Bundesverfassugsgerichtes
vom 10. Januar 1995 - 1 BvR 718/89 u.a. - (StV 1995, 242) Bedenken
begegnen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dieser Entscheidung
die Auslegung des Gewaltbegriffs in § 240 Abs. 1 StGB durch
die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Sitzdemonstrationen als
mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar beanstandet. Die vorliegend
zu beurteilenden Sachverhalte geben dem Senat keinen Anlaß,
entsprechend der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts den
Gewaltbegriff im Zusammenhang mit nötigendem Verhalten im
Straßenverkehr inhaltlich neu zu bestimmen. Es liegt allerdings
nahe, hier - nicht anders als in den Fällen der Sitzblockade
- tatbestandsmäßige Gewalt mit der Begründung
zu verneinen, daß das Verhalten des Angeklagten 2lediglich
in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung
auf den Genötigten nur psychischer Natur ist" (BVerfG
aaO Beschlußabdruck S. 25 = StV aa= S. 244).
Daß der Angeklagte ging (und nicht auf der
Straße saß), stellt keinen rechtserheblichen Unterschied
dar; im Gegenteil ist letztlich die Einwirkung desjenigen, der
sich als Fußgänger fahrtrichtungsgemäß,
d.h. vor den Fahrzeugen her, fortbewegt, eher geringer.
Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus,
daß - was das Urteil in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich
erörtert - in beiden Fällen die beteiligten Kraftfahrer
Vollbremsungen durchführen mußten. In der Rechtsprechung
ist anerkannt, daß strafbare Nötigung in der Gewaltalternative
in Fällen zu bejahen sein kann, in denen der Täter sein
Fahrzeug willkürlich scharf abbremst, um nachfolgende Kraftfahrer
zu einer Vollbremsung zu zwingen (vgl. Dreher/Tröndle aa0
§ 240 Rdn. 28 m. Rspr.-N.). Diese Rechtsprechung wird - wie
der Senat in seinem Urteil vom 30. März 1995 - 4 StR 725/94
- NZV 1995, 325, 326 - betont hat - , durch die zitierte Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts nicht berührt. Jedoch ist der
vorliegend zu beurteilende Sachverhalt den jener Rechtsprechung
zugrunde liegenden Fällen schon nach den äußeren
Umständen nicht vergleichbar. Hinzu kommt, daß - wie
oben zu 3. b) cc) dargelegt - nichts dafür spricht, daß
der Angeklagte eine Vollbremsung der beteiligten Kraftfahrer bezweckte
oder auch nur Situationen, in denen die nachfolgenden Kraftfahrer
nicht ausweichen konnten, bewußt zu deren Behinderung ausnutzte.
Deshalb würde auch die Auffassung des 1. Strafsenats des
Bundesgerichtshofs im Urteil vom 20. Juli 1995 - 1 StR 126/ 95
- (zum Abdruck im BGHSt bestimmt) hier zu keinem anderen Ergebnis
führen: Zwar hat der 1. Strafsenat darin unbeschadet des
Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995
die von den Angeklagten bewirkte Straßenblockade als strafbare
Nötigung mittels Gewalt bewertet; er hat jedoch entscheidend
darauf abgestellt, daß die beabsichtigte Fortbewegung der
Kraftfahrer "durch tatsächlich nicht überwindbare
Hindernisse unterbunden" wurde, indem "die Täter
die von ihnen (möglicherweise nur)durch psychischen Zwang
angehaltenen Wagen als Mittel zur Bildung einer Barriere"
benutzten (S. 9/10 der Urteilsabschrift; vgl. ferner Beschlüsse
desselben Senats vom 27. Juli 1995 - 1 StR 327/95 - und vom 1.
August 1995 - 1 StR 334/95). So liegt es hier aber gerade nicht.
5.Der Senat schließt aus, daß sich aufgrund
neuer Verhandlung noch weitere Feststellungen treffen lassen,
die ein strafbares Verhalten des Angeklagten belegen könnten.
Der Senat spricht den Angeklagten daher frei (§ 354 Abs.
1 StPO).
Soweit das Verhalten des Angeklagten in beiden Fällen
eine Ordnungswiedrigkeit nach § 24 StVG in Verbindung mit
§§ 25 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 24 Buchst. a StVO darstellt,
ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährungsfrist
für Verkehrsordnungswidrigkeiten beträgt bis zum Erlaß
des Bußgeldbescheides oder - wie hier - zur Erhebung der
öffentlichen Klage drei Monate (§ 26 Abs. 3 1. Alternative
StVG) . Bis zur Erhebung der Anklage vom 20. Dezember 1993, die
bei Gericht am 21. Dezember 1993 einging (SA Bd. I Bl.376) ,
wurde die Verjährung zuletzt durch die Beauftragung
der psychiatrischen Sachverständigen durch Verfügung
der Staatsanwaltschaft vom 1. April 1993 unterbrochen (§
33 Abs. 1 Nr. 3OWiG; SA Bd. I Bl. 149) . Die Dreimonatsfrist war
im Zeitpunkt der Anklageerhebung mithin bereits abgelaufen. Dem
Eintritt der Verjährung steht auch § 33 Abs. 3 Satz
3 OwiG nicht entgegen. Danach gilt als gesetzliche Verjährungsfrist
diejenige, die sich aus der Strafdrohung ergibt, wenn jemandem
in einem bei Gericht anhängigen Verfahren eine Handlung
zur last gelegt wird, die gleichzeitig Straftat und ordnungswidrigkeit
ist. Voraussetzung dieser - die äußerste Grenze der
Verjährung hinausschiebenden - Regelung ist aber, Daß
die Ordnungswidrigkeit nicht schon verjährt war, die für
die Ordnungswidrigkeiten geltende Verjährung zuvor also jeweils
rechtzeitig unterbrochen worden ist (Weller in KK-OWiG §
33 Rdn. 117, 118) . Das war hier nicht der Fall. Nach den Grundsätzen
der Entscheidung BGHSt. 36, 340 führt die Verjährung
nicht zur Einstellung des Verfahrens, sondern zum Freispruch (ebenso
BGHR StPO § 260 Abs. 3 Freispruch 3) .
6. Der Angeklagte ist für die zu unrecht erlittene
Freiheitsentziehung (vorläufige Festnahme am 14. Januar 1993,
Untersuchungshaft vom 15. bis 26. Januar 1993) zu entschädigen
(§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StrEG) . Ein Versagungsgrund
nach § 5 Abs. 2 Satz 1 oder § 6 Abs. 1 Nr. 1 StrEG besteht
nicht. Es kann dem Angeklagten nicht als vorsätzliche oder
auch nur grob fahrlässige Verursachung seiner Strafverfolgung
angelastet werden, daß er trotz ihm zuvor erteilter Belehrung
über die vermeintliche Strafgbarkeit des "Straßengehens"
weiterhin an seinen Aktionen festhielt. Dies um so weniger, als
er - im Ergebnis zu Recht - von vornherein von der Straflosigkeit
seines Verhaltens überzeugt war.
7. Der vorliegende Fall gibt dem Senat Veranlassung
zu dem Hinweis, daß ungeachtet der in diesem Fall fehlenden
Strafbarkeit eine Regelungslücke für die Fälle
des "Straßengehens" nicht besteht. Abgesehen von
der Verfolgung einer darin liegenden Ordnungswidrigkeit sind,
soweit und solange dies die Sicherung der Allgemeinheit und des
Angeklagten selbst gegen Gefährdungen in Fällen dieser
Art gebieten, die zur Verfügung stehenden ordnungspolizeilichen
Mittel anzuwenden und dabei - zumal angesichts der psychischen
Auffälligkeiten in der Person des Angeklagten (dazu UA 18,
20/21) - auch, soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen,
die Maßnahmen nach Maßgabe der landesrechtlichen Unterbringungsgesetze
(vgl. für Bayern Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bay. Unterbringungsgesetz
in der Bek. vom 5. April 1992, BayGVBl. S. 60) in Betracht zu
ziehen.
Meyer-Goßner,
Steindorf,
Maatz,
Kuckein,
Kuffer