booklet: rezension 03
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    Buchrezension:

    Der Mensch steht über dem Auto

    Die etwas andere Autobiographie

    Er war schon im TV zu sehen. Er hat Seminare abgehalten. Zeitungen haben über seine Prozesse berichtet.
    Nun ist seine "AutoBiographie" erschienen. Die Rede ist von Michael Hartmann, dem "Autogeher von München".

    In fast allen deutschen Großstädten finden wir das gleiche Bild: Die Gehsteige sind zu Parkplätzen verkommen. Immer wieder muss, wer sich an den Autos vorbeiquetscht, für seine saubere Kleidung fürchten. Eltern mit Kinderwagen müssen auf die Fahrbahn ausweichen; RollstuhlfahrerInnen finden häufig auch noch die für sie angelegten Bordsteinabsenkungen zugestellt.

    Eines Tages riss Michael Hartmann der Geduldsfaden. "Der Bürgersteig ist für die BürgerInnen da", sagte er sich und stieg geradewegs über das nächste Autohindernis hinweg - und in den Folgejahren noch über ca. 2000 weitere. Es war einfacher, als er gedacht hatte. Mit der richtigen Technik und dem richtigen Schuhwerk nimmt dabei weder das Fahrzeug noch der Mensch Schaden, weshalb ihm auch kein Polizist und kein Gericht etwas anhaben konnten. Das Carwalking war erfunden.

    In seinem sehr lebendig geschriebenen Buch stellt Hartmann dar, wie es dazu kam, welche Reaktionen er auslöste, wie er die richtigen Techniken und Argumente entwickelte und welche Unterstützung er erhielt. Er beschreibt die Gerichtsverhandlungen gegen ihn und zitiert die Gutachten, mit denen Versuche abgewendet werden konnten, aus ihm einen Fall für die Psychiatrie zu machen.

    Vor allem aber beschreibt er die logische Weiterentwicklung seiner Ideen. In Umkehrung des Ordnungsprinzips "Um Autos, die auf dem Bürgersteig parken, muß man herumgehen" veranlasst er - zusammen mit einigen mutigen MitstreiterInnen - immer wieder durch Gehen oder Lagern auf Fahrbahnen die Autos, um ihn herumzufahren. Dass dies zu Bußgeldbescheiden führen kann, nimmt er hin, jedoch nicht ohne Hinweis darauf, dass man von Bußgeldern gegen den Bürgersteig beparkende AutofahrerInnen nur selten etwas hört.

    Das Buch enthält noch viele andere Ideen für phnatasievolle Initiativen - sei es für Einzelne oder für Gruppen. (Eine davon - unorganisierte Radlerpulks - geistert seit einigen Jahren unter dem Namen "Critical Mass" um die Welt und soll, wie man hört, vor kurzem auch in Frankfurt aufgetaucht sein). Besonders gründlich wird ausgeführt, warum bei richtiger Vorbereitung und Übung solche Aktionen so gut wie kein juristisches Risiko beinhalten. Eigentlich wird einem erst dadurch bestürzend bewußt, wie sehr man dem menschenfeindlichen Dauerzustand, in den der Autoverkehr unsere Städte versetzt hat, bereits für normal hält - und jede Regelverletzung für strafwürdig.

    Michael Hartmann bietet Seminare zur Vermittlung der notwendigen Techniken und Kenntnisse an. Im Rhein-Main-Gebiet war er noch nie. Vielleicht entschließt sich mal eine hiesige Organisation, mit ihm ein solches Seminar zu veranstalten.

    Weiteres Infomaterial (Videos, Faltblatt "Abschlußbericht", T-Shirt "Der Mensch steht über dem Auto") ist erhältlich bei Michael Hartmann, Hohenzollernstr. 56, 80801 München.

    Helmut Richter

    Michael Hartmann: "Der AutoGeher - AutoBiographie eines AutoGegners", Unrast-Verlag Münster(W) 1998, 187 S., DM 24,80

    aus: Klärwerk, Umweltzeitung für Rhein-Main, 9/98, VCD-Seite

     
     
     
    ISBN 3-928300-81-4                 online bestellen